Wer kennt sie nicht, die meistgestellte Frage im Einzelhandel: Arbeiten Sie hier? Meistens habe ich währenddessen gefühlt 100 Bücher im Arm, stehe auf einer Leiter und hänge Deko auf, dekoriere das Schaufenster oder die Tische neu oder stecke kopfüber in irgendwelchen Schubkästen oder Kartons. Oder noch besser, ich trage mein Shirt mit dem Logo des Buchladens ganz groß auf dem Rücken und meinem Namen und meiner Abteilung vorne drauf. Ähm, ja … Ich denke schon, ich arbeite hier?
In meinem Kopf formuliert sich dann aber meistens eine ganz andere Antwort. So was wie, „Nein, ich mache das aus langer Weile!“ „Das ist mein Hobby!“ „In meiner Freizeit räume ich gerne Buchläden um!“ Wirklich? Warum stellt man diese Frage, wenn es doch offensichtlich ist, das ich hier arbeite?
Viele finden das jetzt vielleicht nicht so schlimm oder vielleicht auch lustig. Genau wie die Aussage „Dann ist es umsonst!“, wenn das Scannen an der Kasse nicht funktioniert. Nicht witzig!!! Wirklich nicht. Vor allem nicht, wenn man es gefühlt 100 Mal am Tag hört.
Viele scheinen auch eine etwas romantische Vorstellung von der Arbeit eines Buchhändlers zu haben.
Schön, wenn man den ganzen Tag lesen kann!
Ja, das wäre wirklich schön. Aber was mache ich stattdessen?
Bücher aufräumen, sortieren, bestellen, remittieren, empfehlen, verpacken- – Kataloge durchsehen, um die Neuerscheinungen zu bestellen – Schaufenster/Tische dekorieren – Kunden beraten, Geschenke für Nichtleser finden, Sonderwünsche erfüllen – Kunden den Weg zu Krankenkassen/Banken/anderen Geschäften etc. erklären – seltsame Fragen beantworten – nach neuen Büchern und neuen Trends suchen, Social Media bespaßen, Gespräche mit Vertretern führen – nicht verzweifeln – im Ernstfall den Buchhändler mit Schokolade oder Bubble Tea beruhigen – mir immer wieder sagen „Ich liebe meinen Job!“
Das ist eine ganze Menge für einen Acht-Stunden-Tag! Wenn ich einen guten Tag habe, kann ich zum Feierabend in die eine oder andere Neuerscheinung hineinlesen oder mal ein Buch querlesen. Denn natürlich habe ich alle Bücher im Buchladen gelesen. Ist doch klar, oder?
Sag das nochmal… und ich werfe mit Hardcovers
Damit uns nicht langweilig wird, entertainen uns unsere Kunden mit kuriosen Fragen. Hier meine Top Five:
1. Arbeiten Sie hier?
Ja, Steht auf meinem Shirt. Und ich habe einen Stapel Bücher in der Hand, stehe an der Kasse oder dekoriere gerade das Schaufenster. Trotzdem kommt sie. Diese Frage. Täglich. Mehrmals. Natürlich antworte ich höflich „Ja – was kann ich für sie tun?“ Aber in meinem Kopf sagt eine kleine Stimme: „Nein. Ich bin einfach nur gerne samstags in fremden Buchläden und räume Regale um.“
2. Ich suche ein Buch. Der Titel fällt mir nicht ein. Aber es war blau. Oder grün.
Der Klassiker schlechthin. Kein Titel, kein Autor, kein Verlag. Aber das Cover war irgendwie schön. Vielleicht war ein Tier drauf. Oder ein Baum. Oder ein Gesicht. Spoiler: Manchmal finden wir das Buch trotzdem. (Und manchmal finden wir ein noch besseres – auch nicht schlecht.)
3. Kann ich das nach dem Lesen zurückgeben?
Diese Frage ist witzig und nervig zugleich. Auch wenn sie nicht allzu oft vorkommt. Einige scheinen den Unterschied von Bibliothek und Buchladen nicht zu kennen. Wir verkaufen Bücher und verleihen sie nicht.
4. Ich suche ein Buch. Aber nichts mit Liebe und so nem Mist.
Klingt wie ein Scherz, war aber keiner. Einige halten ihre Kinder/Enkel für 8, obwohl sie die Pubertät schon weit überschritten haben. Ich glaube, so manche 16jährige findet unterm Weihnachtsbaum Bibi und Tina und hätte aber lieber etwas mit Liebe und jeder Menge Drama.
5. Ich suche ein Geschenk. Ich weiß nicht was und ob er liest.
Meine Lieblings-Challenge. Denn was schenkt man jemandem, der nicht liest … in einem Buchladen? Meistens kommt dann noch der Zusatz „es soll was Reales sein“ oder „nichts erfundenes“ oder „ich will, dass er liest“. Tja, hier ist guter Rat teuer. Manchmal findet sich ein Buch, wenn ich Hobby und Vorlieben erfragen kann. Oder das ganze führt zu einem Gutschein, so dass sich derjenige selbst etwas aussuchen kann. Je nachdem, ob der Tag mich (und meine Kollegen) liebt oder nicht, kann es aber auch mit der Aussage enden, dass ich keine Ahnung habe.
Fazit: Zwischen Staub, Schmunzeln, Augen rollen und Schokoladenpausen
Ja, in einem Buchladen ist es manchmal anstrengend. Es ist laut, chaotisch, überraschend und manchmal ziemlich skurril. Aber eigentlich ist es genau das, was ich an meinem Beruf liebe. Und wenn ich mal wieder mit dem Kopf gegen die Regale hauen will, weil der Wahnsinn überhand nimmt, dann kommt vielleicht im nächsten Moment jemand und fragt nach einer Empfehlung, weil ihm das Buch so sehr gefallen hat, das ihm bei seinem letzten Besuch empfohlen wurde.
Dann weiß ich wieder, warum ich diesen Job so liebe.
Wer kennt’s? Wer hat ähnliche Fragen? Lasst es mich wissen? In meinen Kommentaren ist jede Menge Platz.